„Was ich bewege, muss zu mir passen“ – eine Nachfolgerin über Klarheit, Haltung und Verantwortung
WORT+MARKE (W+M) im Gespräch mit Bonita Grupp - Nachfolgerin in 4. Generation und Teil der Geschäftsführung von trigema, Deutschlands größtem Hersteller von Sport- und Freizeitbekleidung.
W+M: Liebe Bonita, du bist im Jahr 2013 bei euch ins Unternehmen eingestiegen. Wann war dir klar: Ich will das Unternehmen eines Tages übernehmen?
Bonita Grupp: Das hat sich schon früh abgezeichnet – spätestens während meines Studiums. Richtig konkret wurde es dann, als ich ein Jahr nach dem Studium ins Unternehmen eingestiegen bin.
W+M: Im Januar 2024 hast du dann gemeinsam mit deinem Bruder die Nachfolge eures Familienunternehmens Trigema als vierte Generation angetreten. Was war dein größtes Learning beim Generationenwechsel?
Bonita Grupp: Nicht die Nachfolge selbst, sondern in dieser Phase vor allem die Umfirmierung von der EK zur KG. Das war eine größere Herausforderung – ein nervenaufreibender Prozess, denn vor allem die Bürokratie in Deutschland fordert Unternehmen stark heraus und bremst uns in den wirtschaftlichen Möglichkeiten.
W+M: Was treibt dich umso mehr als Unternehmerin an?
Bonita Grupp: Mein Bruder und ich teilen die Vision, Trigema langfristig in die Zukunft zu führen – und zwar am Standort Deutschland, mit all seinen Herausforderungen. Unternehmerisch zu arbeiten heißt für mich, vielseitig gestalten zu können – von Personalentwicklung bis Energieversorgung. Es geht mir darum, trotz widriger Umstände Möglichkeiten zu erkennen und Verantwortung zu übernehmen.
W+M: Ihr habt 1.200 Mitarbeitende, davon 70 % Frauen. Wie prägt das eure Führungsstruktur?
Bonita Grupp: Das ist natürlich einerseits branchenbedingt, aber andererseits eine Stärke von uns. Bei uns sind auch mehr Frauen in Führungspositionen als Männer, was wiederum zeigt: Es geht. Und hoffentlich inspiriert es auch andere.
W+M: Ihr seid als Familie sehr bekannt und auch sichtbar. Was bedeutet Sichtbarkeit für dich persönlich?
Bonita Grupp: (lacht) Für mich als Schwäbin ist Sichtbarkeit vor allem kostenlose Werbung – und natürlich eine Chance, Themen zu setzen, die sonst untergehen. Gerade Social Media macht es einfacher, Einblicke zu geben und Aufmerksamkeit zu lenken – auch auf politische oder wirtschaftliche Themen.
W+M: Gab es einen konkreten Moment, in dem du dich bewusst für mehr Sichtbarkeit entschieden hast?
Bonita Grupp: Als mein Vater, der medial sehr präsent war, sich zurückgezogen hat, entstand ein gewisses Vakuum. Wir, mein Bruder und ich, wollten das füllen. Dass ich dann auch politisch sichtbar wurde, war eher Zufall – aber die Resonanz war positiv. Also habe ich beides weiterverfolgt.
W+M: Welche Kanäle nutzt du besonders gerne?
Bonita Grupp: LinkedIn – aber nur mit eigenen, authentischen Inhalten. Ich schreibe alle Posts selbst und nehme nur Themen auf, mit denen ich mich identifiziere. Trendthemen nur der Sichtbarkeit wegen? Das ist nicht mein Stil.
W+M: Und wie sieht Sichtbarkeit bei euch intern aus – im Unternehmen?
Bonita Grupp: Wir sind jederzeit ansprechbar. In der Firma sind wir präsent und stehen im Austausch mit den Teams. Nahbarkeit ist uns wichtig – ganz klar ein Teil unserer Führungsphilosophie.
W+M: Warum ist aus deiner Sicht Sichtbarkeit für Nachfolgerinnen besonders wichtig?
Bonita Grupp: Weil heute viel mehr erwartet wird – von Kunden, Mitarbeitenden, und von der Öffentlichkeit. Employer Branding funktioniert ebenfalls besser, wenn Gesichter sichtbar sind, nicht nur Logos. Wer nicht sichtbar ist, geht unter – und verliert, besonders in puncto Fachkräftemangel.
W+M: Hast du noch einen Rat für junge Frauen, die vor einer möglichen Nachfolge stehen?
Bonita Grupp: Selbstständigkeit bedeutet Verantwortung – aber auch Freiheit, Dinge zu gestalten. Gerade in traditionellen Branchen liegt die Chance, etwas wirklich zu bewegen. Familienunternehmen bieten dafür einen einzigartigen Rahmen und daher kann ich nur dazu motivieren, die Möglichkeit zu ergreifen.
W+M: Und wenn du deiner Personal Brand einen Claim geben würdest, welcher wäre das?
Bonita Grupp: „Angst darf mich nicht verbiegen.“ Ich will mich nicht in eine Schublade pressen lassen, nur weil gerade etwas im Trend ist. Authentizität ist mir wichtiger als Anpassung.
W+M: Vielen Dank, Bonita, für deine ehrlichen Einblicke. Wir freuen uns, weiter viel von dir zu hören und zu lesen.
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