05.08.2025

„Sichtbarkeit war bei uns nie Thema – bis ich gemerkt habe, was sie bewirken kann.“

WORT+MARKE im Gespräch mit Lara-Kristin Maas, Umweltwissenschaftlerin, Quereinsteigerin und Nachfolgerin in vierter Generation des Familienunternehmens, das sich auf sicherheitsrelevante Schaltgeräte für Industrieanlagen und Fördertechnik spezialisiert hat. Wir sprechen über Sichtbarkeit, Vorurteile und eine stille, jedoch starke Nachfolge. 

 

W+M: Lara, was bedeutet Sichtbarkeit für dich persönlich?

Lara-Kristin Maas: Ehrlich gesagt, eine ganze Weile nichts. Sichtbarkeit war bei uns nie ein Thema, denn mein Vater hat als Unternehmer eher im Hintergrund gewirkt. Unsere Produkte kennt kaum jemand, obwohl sie weltweit im Einsatz sind, ebenso wie unser Unternehmen, die Dittelbach und Kerzler GmbH & Co. KG. Auch ich selbst bin eher zufällig auf die Bühne gestolpert. Dabei habe ich gemerkt, wie wichtig sie ist. Sichtbarkeit ist für mich manchmal immer noch Priorität zwei, aber ich sehe ihren Wert. Besonders, wenn ich andere Nachfolgerinnen, wie Alexandra Kohlmann, erlebe. Die macht das großartig. Ich bin leiser, aber ich glaube, dass es insgesamt unsere Stimmen braucht.

 

W+M: Gab es einen Moment, in dem dir das klar wurde?

Lara-Kristin Maas: Ja, ich wurde gefragt, ob ich auf dem Unternehmerinnentag auf die Bühne möchte. Plötzlich stand ich dann da, völlig panisch. Und dann... hat es Klick gemacht. Der Applaus und der Austausch im Anschluss – das war der Moment, in dem ich gemerkt habe: Es geht hier nicht nur um mich. Es geht um das Unternehmen, um Vorbilder und um mehr Sichtbarkeit für Frauen in Technik und Führung.

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W+M: Und was bedeutet Sichtbarkeit für euer Unternehmen?

Lara-Kristin Maas: Insgesamt haben wir keine große Außenwirkung. Unsere Produkte sind zwar sicherheitsrelevant, aber im wahrsten Sinne des Wortes verborgen. Sichtbarkeit ist also keine Teil unserer Produktstrategie. Allerdings habe ich erkannt, dass Sichtbarkeit im Employer Branding und bei der Nachwuchsgewinnung in der Region extrem wichtig ist. Daran arbeiten wir derzeit und überlegen gemeinsam mit unserem Team, wie wir aktiver werden können.

W+M: War für dich schon immer klar, dass du das Familienunternehmen in die nächste Generation führen möchtest? 

Lara-Kristin Maas: Nein, das hat sich eher entwickelt. Ich bin Umweltwissenschaftlerin und war zunächst in der Forschung und anschließend in der Unternehmensberatung tätig. Dann kam dieser eine Moment, als eine externe Nachfolge im Familienunternehmen gescheitert war. Daraufhin habe ich meine Eltern gefragt, ob wir es gemeinsam versuchen wollen. Es war kein Kindheitstraum, sondern ein offenes „Lass es uns probieren“. Heute bin ich mittendrin und es fühlt sich richtig an.

 

W+M: Gibt es etwas Bestimmtes, warum es sich für dich richtig anfühlt? 

Lara-Kristin Maas: Klar. Einerseits ist es ein starkes Gefühl, Teil von etwas zu sein, das seit über 100 Jahren besteht und das ich jetzt mitgestalten darf. Andererseits sind es unsere Produkte, die die Welt vielleicht nicht schöner, aber sicherer machen. Im Ernstfall können unsere Lösungen Leben retten. Das ist großartig. Hinzu kommt die Qualität, die sich über so viele Jahre bewährt hat. Unsere Schaltgeräte sind zum Teil seit mehreren Jahrzehnten in Anlagen im Einsatz, regional gefertigt und absolut zuverlässig. Als Umweltwissenschaftlerin reizt mich die Kombination aus Technik, Verantwortung und Kontinuität. Es ist ein großartiges Gefühl, Teil dieser langen Geschichte zu sein und sie weiterzuführen.

 

W+M: Was hast du als erstes gemacht, als klar war, dass du die Nachfolge antrittst?  

Lara-Kristin Maas: Ich habe bewusst in alle Abteilungen hineingeschaut. Mir war es wichtig, zu verstehen, was wir hier eigentlich machen. Ich wollte nicht nur von oben mitreden. Also habe ich Praktika in der Produktion gemacht, mit angepackt und den Gabelstapler gefahren. Das steigert nicht nur die Akzeptanz, sondern auch die Sichtbarkeit innerhalb des Unternehmens. Und es zeigt: Ich bin bereit, mitzulaufen – nicht nur vorneweg.

“Nur was sichtbar ist, wird auch denkbar”

 

W+M: Was ist dein größtes Learning im Generationenwechsel?

Lara-Kristin Maas: Kommunikation. Immer wieder Kommunikation. Und dass Gleichberechtigung noch immer keine Selbstverständlichkeit ist. Ich stoße immer wieder auf Vorurteile, auch im eigenen Umfeld. Diese sind oft unbewusst und nicht böse gemeint. Aber ich glaube fest daran, dass Sichtbarkeit ein Mittel ist, um diese Bilder in den Köpfen zu verändern. Denn nur was sichtbar ist, wird auch denkbar.

 

W+M: Was rätst du anderen potenziellen Nachfolgerinnen, die ihre Rolle noch nicht gefunden haben?

Lara-Kristin Maas: Einfach loslegen! Niemand muss sofort alles können. Wichtig ist, zuzuhören, Fragen zu stellen und nicht nur „Chef:in zu spielen“. Entscheidend ist die Nähe zu den Mitarbeitenden. Und: Sichtbarkeit beginnt nicht auf einer Plattform. Sie beginnt bei echter Präsenz im Unternehmen.

 

W+M: Wenn deine Personal Brand einen Claim hätte – wie würde er lauten?

Lara-Kristin Maas: Vielleicht so: „Sichtbar machen, was andere nicht sehen.“ Denn genau das ist meine Rolle.

 

W+M: Ein Claim der es auf den Punkt bringt, vielen Dank, Lara – für dein Vertrauen, die spannenden Einblicke und natürlich deine Perspektive zur Nachfolge.

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